17.03.2025
Wirtschaftsmotor Zürich Quo vadis?
„Denken Sie, ein Finanzminister senkt die Steuern, um weniger Einnahmen zu generieren?“ Mit dieser Frage eröffnete Regierungsrat Ernst Stocker sein Referat an einem Podium der Zürcher Handelskammer zur Steuervorlage, über die am 18. Mai abgestimmt wird. Rund 150 Interessierte hatten sich im Zürcher Kreis 1 versammelt, um der kontradiktorischen Debatte unter der Moderation von Zeno Geisseler beizuwohnen.
Stocker machte unmissverständlich klar: Die steuerliche Attraktivität des Kantons Zürich ist in den letzten zehn Jahren gesunken. Kantone wie Waadt, Basel und Genf haben ihre Gewinnsteuersätze deutlich reduziert – Zürich hingegen ist im nationalen Vergleich auf den zweitletzten Platz abgerutscht. Eine Entwicklung, die in anderen Bereichen wie Bildung, Gesundheit oder öffentlicher Verkehr für heftige Diskussionen sorgen würde.
Trotz dieser Fakten sei die Abstimmung kein Selbstläufer, betonte Stocker. Viele Zürcherinnen und Zürcher würden die Notwendigkeit einer steuerlichen Anpassung nicht erkennen, da grosse Unternehmen bereits im Kanton ansässig seien. Doch diese übersähen, dass immer mehr Firmen ihre Hauptsitze in steuerlich attraktivere Regionen verlegen würden – während deren Arbeitsplätze und Infrastrukturbedürfnisse in Zürich verbleiben. Zudem würde oft unterschätzt, welche Auswirkungen selbst eine scheinbar geringe Steuersenkung hat: Eine Reduktion von 7 auf 6 Prozent bedeutet eine relative Entlastung von über 14 Prozent – Mittel, die Unternehmen in ihre Wettbewerbsfähigkeit investieren könnten.
Auf dem anschliessenden Podium diskutierten die Kantonsräte Christa Stünzi (GLP), Marcel Suter (SVP), Thomas Forrer (Grüne) und Harry Brandenberger (SP). Während die linken Vertreter vor einem Investitionsstopp warnten, argumentierte die bürgerliche Seite, dass eine Steuersenkung – wie bereits bei der ersten Vorlage 2019 – mittelfristig zu höheren Steuereinnahmen führen dürfte, die wiederum Investitionen ermöglichen würden.
Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, dass Zürich seine Gewinnsteuern senkt. Die Politik hat es versäumt, auf den schweizweiten Trend der Steuersenkungen zu reagieren, der mit der STAF-Reform begann. Zürich steht heute wirtschaftlich noch gut da – dank Standortvorteilen, die von anderen Kantonen nicht substituiert werden können. Doch genau jene komfortable Position könnte uns träge gemacht haben. Jetzt gilt es, Verantwortung zu übernehmen und bis zum 18. Mai das eigene Umfeld für eine zukunftsorientierte Steuerpolitik zu sensibilisieren – damit Zürich auch in steuerlichen Fragen wettbewerbsfähig bleibt und weiterhin floriert.
Benedikt Schmid
Redaktionsteam Forum Winterthur