02.12.2020

Notwendigkeit einer liberalen Wirtschaftspolitik nach und mit Covid-19

Eine unternehmensfreundliche Rahmenordnung macht den Erfolg von liberalen Volkswirtschaften aus und ist Basis für unseren Wohlstand. In der Schweiz gibt es etliche Fehlentwicklungen, die uns Sorge machen müssen und die unsere (noch) führende Stellung gefährden.

Mit dieser Aussage leitet Peter Grünenfelder, Direktor von Avenir Suisse, sein Referat anlässlich der Herbstversammlung 2020 der Handelskammer und Arbeitgebervereinigung Winterthur ein und fährt weiter fort:

Dank der im dauernden Wettbewerb stehenden robusten Wirtschaft und der raschen Bundesentscheide in Sachen Corona, hält sich der BIP-Einbruch in Grenzen ist aber immer noch der schlimmste Einbruch seit 40 Jahren. Es ist zu erwarten, dass die Langzeitarbeitslosigkeit steigen wird. Als Liberaler muss einem das süsse Gift des Etatismus Sorge bereiten. Die Zunahme des Regulierungsdickichts und die ständig wachsenden Beschäftigungszahlen im öffentlichen Sektor mit den Folge-Mechanismen sind gefährlich für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Die tatsächliche Fiskalquote ist mittlerweile im internationalen Vergleich sehr hoch und hat keinen Spielraum nach oben. So ist z.B. die in Winterthur aktuell diskutierte Steuererhöhung ein völlig falsches Zeichen.

Grünenfelder zeigt, dass die a.o. starke ökonomische Integration in der Weltwirtschaft Grundlage des Schweizer Wohlstandes ist und höhere Einkommen begünstigt. Rund 50% der Beschäftigten profitieren vom Aussenhandel. Um dies zu sichern, muss in der direkten Demokratie die Stimme der Unternehmer, welche die Löhne der Mitarbeiter bezahlen, gehört werden. Die Schweiz ist Globalisierungschampion und der Aussenhandel ist Beschäftigungsmotor. Das zeigt sich exemplarisch auch in der Winterthurer Wirtschaftsgeschichte. Die Schweiz darf nicht ‘zu’ machen. Eine Re-Nationalisierung ist nicht sinnvoll bzw. eine ökonomische Dummheit. Das Freihandelsabkommen-Netzwerk der Schweiz ist essentiell. Die Schweiz hat vielfältige wirtschaftliche Herausforderungen, auch im globalen Kontext, wo sich aktuell die Wirtschaftskräfte massiv verschieben. ‘Die Post geht ab im asiatischen Raum’, dies hat Auswirkungen auf unsere Wirtschaft.

Politisch wird die internationale Verflechtung der Schweiz zunehmend in Frage gestellt. Die KVI ist nur ein Beispiel. Initianten unterstellen, dass unser Wert- und Rechtssystem besser ist. Dies ist arrogant und geht viel zu weit. Hier muss genauso gegen gehalten werden wie beim zunehmenden Aktivismus (z.B. gegen technologische Weiterentwicklungen) und bei diversen politisch motivierten falschen Narrativen. Unternehmenskritische/-feindliche Kreise versuchen z.B. zu polemisieren, dass die Oberen und Aktionäre das viele Geld verdienen und die Angestellten verlieren sollen. Faktisch hat die Schweiz eine sehr gute Einkommensgleichheit. Basis hierfür sind Berufsbildung und Mobilität, die verteidigt werden müssen. Es wird auch vom ‘bösen Ausland’ gesprochen. Die Schweiz hat einen zu kleinen Binnenmarkt und braucht zwingend die Offenheit der Weltwirtschaft. Wettbewerb ist gesund und schafft nachweislich Wohlstand. Die internationale Vernetzung ist das beste Mittel für die Versorgungssicherheit und hat gerade auch in den letzten rund 20 Jahren zu einem überproportional steigenden BIP geführt. Die EU ist dabei die mit Abstand wichtigste Handelspartnerin.

Mit Bezug auf prognostizierten höheren Aus- als Eintritte in den Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren braucht die Schweiz eine Zuwanderung, da sie über zu wenig verfügbare Arbeitskräfte verfügt. Wenn wir weniger Leute im Arbeitsmarkt haben werden, muss entsprechend stärker digitalisiert werden. Einschränkungen und Verbote sind der falsche Weg. Die Schweiz ist traditionell ein ‘early adopter’ neuer Technologien, sie ist aber nicht der einzige. Wenn neue Technologien verhindert werden, steigt die Geschwindigkeit, bis die Schweiz in ihrer Rolle abgelöst und überholt wird. Der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt ist eine normale Konstante. Technologischer Fortschritt schafft Stellen. Arbeitsformen werden sich verändern: Produktion ist nicht mehr ortsgebunden, Teams werden für Projekte zusammengesetzt, langfristige Arbeitsbeziehungen werden seltener und allenfalls sind mehrere Arbeitgeber vorhanden. Hier sind auch Anpassungen am Arbeitsgesetz vorzunehmen, um diesen Trend mitzugehen. Neue Kundenbedürfnisse schaffen immer auch neue Jobs.

Grünenfelder fordert, den strukturellen politischen Reformstau zu überwinden. Ein Festzurren des Status Quo ist falsch. Er schildert Corona-Lehren für die nächste Krise in den Hauptthemenfeldern offener Aussenhandel und Stärkung der Gesundheitsversorgung. Er fordert eine weitere Stärkung des Aussenhandelsnetzes und eine Aussenwirtschaftsstrategie zur Förderung der Prosperität, Erweiterung und Sicherung der Marktzugänge und eine wettbewerbsorientierte Innenpolitik. Lücken im Schweizer Freihandelsabkommens-Netzwerk sind zu schliessen. Das Dauerthema Europa ist weiter zu entwickeln. In der InstA-Diskussion kann die Schweizer Direktdemokratie auch einmal ja sagen, Erfahrungen sammeln und gegebenenfalls in einigen Jahren korrigieren.

Es braucht eine marktwirtschaftliche Kur, die es dem Unternehmertum ermöglicht, etwas zu schnaufen. Ein Unternehmer soll sich auf seine Aufgabe konzentrieren können und nicht auf staatliche Einschränkungen und Vorgaben. Wachstum und Weiterentwicklung sollen ermöglicht werden. Eigenverantwortete Fehler (z.B. im Zusammenhang mit Migration und Verdichtung) dürfen nicht einfach aufs Ausland geschoben werden. Die Rahmenordnung soll liberalisiert werden. Das bedeutet einen Rückbau des Veraltungsapparates und das Schnüren eines Deregulierungspaketes. Steuerreduktionen sind anstelle von Steuererhöhungen zu fordern. Weiter ist das Arbeitsrecht zu modernisieren und Digitalisierung zuzulassen, z.B. auch bei der direkten Demokratie. Die hausgemachte Reformblockade ist zu überwinden. Neues soll zugelassen werden und die Stimme des Unternehmertums muss wieder vermehrt gehört werden. Wir müssen als Gesellschaft Ergebnisse verbessern, die bislang nur teilweise befriedigen und Ziele erreichen wollen, die noch nicht angestrebt worden sind.

Referat Peter Grünenfelder
Video vom Referat
 

 

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