14.03.2024
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Wie soll die 13. AHV-Rente finanziert werden?

Am 3.3.24 haben die StimmbürgerInnen die 13. AHV-Rente klar angenommen. Noch immer ist allerdings unklar, wie diese finanziert werden soll. Es stehen diverse Vorschläge von Akteuren aller politischen Couleur im Raum: Das Spektrum reicht von Erhöhungen allgemeiner und spezifischer Steuern zu Beiträgen über Einsparungen in anderen Bereichen bis zu sozialpolitischen Veränderungen. Nur wenige Massnahmen scheinen auch realistisch. Wesentlich ist, dass je nach Vorschlag ganze Bevölkerungsgruppen benachteiligt werden und dass -mit einer Ausnahme- das Grundproblem nicht an der Wurzel angegangen wird.

Grundsätzlich scheinen zwei Optionen eher wahrscheinlich: Bei der ersten handelt es sich um eine Erhöhung der Lohnbeiträge. Diese müssten circa von 8.7 auf 9.4 Prozent erhöht werden, was je zur Hälfte zu Lasten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber ginge (Bundesamt für Sozialversicherungen, 2024). Vor allem für Junge und finanzschwache Familien wird dies eine schwere finanzielle Belastung darstellen, weil diese lange höhere Lohnbeiträge zahlen müssten und grundsätzlich Produkte und Dienstleistungen verteuert werden, was neben den KonsumentInnen auch die unternehmerische Wettbewerbsposition schwächt. Personen, die kurz vor der Rente stehen, müssten wenig und RentnerInnen nichts zur Finanzierung beitragen.

Die zweite denkbare Option betrifft eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um ca. 1% (Bundesamt für Sozialversicherungen, 2024). Die Mehrwertsteuer und Lohnbeträge haben immer schon den Grossteil der AHV finanziert und die Kosten würden so auf die gesamte Bevölkerung verteilt. Auch hier werden erneut Junge und weniger Verdienende benachteiligt, da sie relativ gesehen mehr konsumieren als andere. In beiden Varianten sind auch die stets steigenden Lebenskosten relevant.

Die Idee einer befristeten Erhöhung der Bundessteuer wurde aufgebracht, damit die höheren Ausgaben z.B. für das Militär gedeckt werden können und die Schuldenbremse gewahrt werden kann. Es wären wohl die gleichen Vor- und Nachteile wie bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer/Lohnbeiträge zu beobachten.

Daneben gibt es auch Vorschläge, die 13. AHV mit gezielten Steuern zu finanzieren; z.B. eine neue Mikrosteuer auf Finanztransaktionen. Diese würde nur ‘reiche’ Personen und Unternehmen treffen. Die Einführung wäre ein langer Prozess, der nur koordiniert mit anderen Ländern möglich wäre. Zudem schwächt eine derartige Steuer den Finanzplatz und könnte dazu führen, das Unternehmen ihre Aktivitäten in andere Länder verlegen, was im Endeffekt der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schaden würde.

Gewisse Exponenten fordern eine Erbschaftssteuer, um die 13. AHV zu finanzieren. Auch diese würde nur reiche Personen treffen, da sie nur auf Erbschaften von über 2 Millionen Franken anfallen würde. Allerdings wurde 2015 eine entsprechende Volksinitiative klar abgelehnt (71% Nein-Stimmen). Die Kosten bei diesem Vorschlag müsste von einer kleinen Gruppe getragen werden, die ohnehin eine überproportionale Steuerlast trägt.

Einzelne argumentieren, dass die Finanzierung der 13. AHV-Rente ohne zusätzliche oder nur mit geringer finanzieller Belastung der Bevölkerung möglich sei. Als Beispiel dient ein Vorschlag, Gelder aus der überfüllten Arbeitslosenversicherung für die Finanzierung der 13. AHV-Rente einzusetzen. Die ALV nahm 2022 2.3 Milliarden Franken mehr ein, als sie ausgab. Allerdings würde dieser Betrag nicht reichen, um die AHV komplett zu decken. Zudem ist dieser Vorschlag gefährlich, sollte die Arbeitslosigkeit in der Schweiz plötzlich enorm ansteigen. Die Auswirkungen dieses experimentellen Vorschlags können kaum abgeschätzt werden.

Es gibt auch Vorschläge, Gelder für die Auslandhilfe zu kürzen; generell oder spezifisch. Damit könnte ein beachtlicher Teil AHV-Kosten gedeckt werden. Die Massnahme steht im Konflikt mit der humanitären Tradition der Schweiz dürfte dem Image der reichen Schweiz schaden, was international politisch und ökonomisch nicht von Vorteil sein wird.

Es bleibt die Option, das Rentenalter zu erhöhen. Dies würde die AHV nachhaltig entlasten und ist der einzige Vorschlag, der das Finanzierungs-Problem an der Wurzel packt. Natürlich wurde eine entsprechende Initiative gerade abgelehnt. Dagegen sprach vor allem die schwierige Stellung älterer Personen oder ganzer Berufsgruppen auf dem Arbeitsmarkt sowie der Umstand, dass sich nur wenige ein Frühpension leisten könnten. Letztendlich führt kaum ein Weg an der Rentenerhöhung vorbei. Um eine Mehrheitsfähigkeit zu erreichen, braucht es allerdings eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema.

Die 13. AHV-Rente bzw. die AHV generell kann auf verschiedene Weise finanziert werden. Bei allen Varianten können Gerechtigkeit, Durchführbarkeit und/oder Nachhaltigkeit ernsthaft hinterfragt werden. Wird es am Ende einen politischen Kompromiss geben; allenfalls von höheren Lohnbeiträgen und Mehrwertsteuer? Auf jeden Fall sind bei allen Optionen diverse Detailfragen zu klären.

Es sind strukturelle Änderungen gefragt, weil sonst die finanzielle Stabilität gerade junger Leute nachhaltig gefährdet ist. Es ist auch klar, dass es zur Sicherstellung von Erwerbseinkommen erfolgreiche privatwirtschaftliche Unternehmen braucht, die ihren Mitarbeitenden interessante Löhne zahlen können. Auch diesen gilt es Sorge zu tragen. Daneben gilt es auf allen staatlichen Ebenen zu sparen. Angesichts des Wachstums in den letzten Jahren, wird es auch da Finanzierungsquellen geben.

Während die Ausgaben der AHV weiter steigen werden, sinkt das verfügbare Einkommen mit Sicherheit. Langfristig wird deshalb kein Weg an einer Erhöhung des Rentenalters vorbeiführen. Man darf gespannt auf die politische Diskussion blicken. Die Problemlösung ist dringlich und es braucht nachhaltig sinnvolle und tragbare Lösungen.

 

Andrin Gross / Dr. Ralph Peterli
HAW

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