Die Nationalratswahlen aus Winterthurer Blickwinkel

Analysiert man die Winterhurer Wahlresultate des vergangenen Wochenendes fällt auf, das die hiesigen Parteiresultate bei allen Parteien deutlich vom Schweizer Durchschnitt abweichen. Alle bürgerlichen Parteien erzielten deutlich schlechtere Resultate als der Schweizer Durchschnitt und die linken Parteien deutlich bessere. Auf Stadtgebiet wurde mehrheitlich links gewählt. In den umliegenden Gemeinden sieht das Resultat konträr aus.

Woran liegt das und was sind die Rezepte gegen die linke politische Uebermacht und die resultierenden aus Sicht des Autors ungesunden Mehrheitsverhältnisse in der Stadt Winterthur? Einfachheitshalber wird im Artikel in einem Links-/Rechts-Schema argumentiert, auch wenn klar ist, dass die Realität differenzierter zu betrachten ist und dass Pol-Parteien beider Seiten immer dogmatischer argumentieren, als die Parteien dazwischen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien an dieser Stelle einige Thesen erlaubt: 

Die linke Seite mobilisiert besser und wählt/stimmt untereinander stringenter. Aufgrund des städtischen Bevölkerungsmixes ist es einfach, die stetig zunehmenden Forderungen nach mehr Staat durchzubringen. Sehr viele Bürger/innen leisten (basierend auf ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten) keinen oder nur einen geringen finanziellen Beitrag zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben. Das starke Bevölkerungswachstum durch junge Familien verstärkt diesen Trend. Diese konsumieren viel mehr, als sie finanziell beitragen. Das bedeutet, dass der Mix finanzpolitisch immer ungesünder wird. Das Halten der Unternehmen und deren Steuersubstrat ist auch eine Herausforderung. Wie staatliche Aufgaben refinanziert werden sollen, fragen sich leider zu wenig BürgerInnen und auch zu wenig Politiker/Innen.

Die Wahl-/Stimmdisziplin der Bürgerlichen, deren Parteien im Vergleich unterschiedlichere Profile aufweisen und weniger professionell organisiert sind, ist zweifelsfrei schlechter. Zu viele Bürgerliche sehen davon ab, Kandidat/innen von anderen Parteien zu wählen oder Positionen von anderen Parteien zu unterstützen. Immer wieder sind Positionen dafür zu extrem. Populismus jeglicher Herkunft ist deshalb abzulehnen. Die bürgerliche Politik argumentiert klassischerweise mit Fakten und macht Realpolitik. Diese zu vermitteln und dem Volk die Zusammenhänge aufzuzeigen, ist nicht immer einfach. Viel zu viele Stimmberechtigte, die tendenziell zum bürgerlichen Lager zählen würden, bleiben der Urne fern und nehmen nicht am politischen Leben teil. Ueber die Gründe kann man nur mutmassen. Wahrscheinlich geht es vielen einfach zu gut.

Die Lebensqualität für Private in der Stadt ist zweifellos attraktiv, was genauso zu Wachstum führt wie die städtische Anonymität. Insgesamt sind alle grösseren Städte in den letzten Jahren politisch nach links gerutscht, was das Ungleichgewicht in Winterthur weiter verstärkt hat. Die Gesellschaft wird im Wandel bleiben. Ungeachtet der politischen Ausrichtung wird weiterhin gelten, dass staatliche Leistungen mit Steuern und Abgaben von der Allgemeinheit refinanziert werden müssen. Die Verteilung der Last muss dabei aber (entlang der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) ausgewogen sein. Bei knappen Ressourcen wie in Winterthur braucht es deshalb einen priorisierten Plan, Effizienz im Mitteleinsatz und Weitblick der politisch Verantwortlichen oder kurz Transparenz und Finanzdisziplin. Vielleicht braucht es auch Ungehorsam im Umgang mit gebundenen Kosten und auch den Willen, geltende Prozesse zu hinterfragen und anzupassen.

Um dies alles zu erreichen, wünschte ich mir, dass die bürgerliche Politik an einem Strick zieht und dass diese glaubwürdige VertreterInnen für Ihre Reihen gewinnen kann. Ich wünschte mir auch, dass sich Unternehmer/Innen und Exponenten mit kommerzieller und oekonomischer Kompetenz wieder stärker zu Wort melden und sich im politischen Prozess einbringen. 

In Winterthur können die StadtparlamentarierInnen in der anstehenden Budgetdiskussion anfangs November zeigen, ob sie es schaffen, ein schlechtes Budget zu korrigieren und nachhaltig Disziplin einzufordern und Verzicht zu üben. Es ist zu hoffen, dass sich die bürgerlichen Kräfte rechts der politischen Mitte mit liberalen Kräften auf der linken Seite zusammenschliessen werden. Gelingt dies nicht, kommt es früher oder später zu einem finanziellen Kollaps, welcher der Stadt und seinen BürgerInnen Schaden zuführen wird.

 

Quelle Abstimmungsverhalten: NZZ online, So hat Winterthur gewählt

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