08.01.2025
RH

BZO-Teilrevision in Winterthur - ein trojanisches Pferd?

«Harmonisierung der Baubegriffe» - so titelt die aktuelle Vernehmlassung zur Teilrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO) in Winterthur. Mit der Vorlage soll aber auch eine neue Grünflächenziffer eingeführt werden – mit gravierenden Folgen!

Bis am 28. Januar 2025 läuft die Vernehmlassung zur Teilrevision der BZO der Stadt Winterthur. Diese umfasst neben der Harmonisierung der Baubegriffe auch die Einführung einer neuen Grünflächenziffer, welche die bisherige «Freiflächenziffer» ersetzen soll. Wer nun aber glaubt, das sei mehr oder weniger dasselbe, irrt gewaltig!

Umsetzung entspricht nicht Auftrag des Parlaments
Die Mehrheit des Parlaments beauftragte den Stadtrat, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um in Wohnzonen einen Anteil der nicht mit Gebäude überstellten Parzellenflächen ökologisch hochwertig zu begrünen (begrünen zu müssen). Der Stadtrat geht weit über die Forderungen des Parlaments hinaus. Er legt den Anteil der gesamten Bauparzelle fest, welcher als Grünfläche zu erhalten ist. Damit begrenzt er den überbaubaren Teil eines Grundstücks markant. Vorgesehen ist diese Begrenzung in den Zentrums-, Wohn- und Arbeitsplatzzonen (Arbeitsplatz-, Gewerbe- und Industriezone). Bis zu 65% der Grundstückfläche soll zwingend als Grünfläche erhalten werden. Will jemand mehr Fläche in Anspruch nehmen, als dies nach Abzug der Grünfläche möglich ist, müssen Kompensationsmassnahmen ergriffen werden. Möglich sind: Dach- oder Fassadenbegrünungen, begrünte Pergolen oder Baumpflanzungen. Allerdings sind solche Kompensationsmassnahmen nur in Zentrums- und Arbeitsplatzzonen vorgesehen, nicht aber in Wohnzonen.

Wohnungsbau und Siedlungsentwicklung nach innen gefährdet!

In Winterthur soll eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung nach innen den dringend benötigten Wohnraum schaffen. Da ausgerechnet in Wohnzonen aber keine Kompensationsmassnahmen vorgesehen sind, wird die Fläche für Wohnbauten am stärksten reduziert. Wie stark, zeigt folgendes Beispiel. Die Wohnüberbauung «Unterer Vogelsang», die oft als Musterbeispiel für verdichtetes Bauen genannt wird, weist heute eine Grünfläche von 7'500 m2 auf. Nach neuen Vorgaben müsste die Grünfläche auf diesem Gelände nun rund 11'500 m2 betragen. Es stünden damit für vergleichbare Projekte rund 4'000 m2 weniger Gebäudefläche für Wohnraum zur Verfügung - was doch einige Wohnungen ausmacht. Die gleichen Vorgaben für den Grünflächenanteil gelten auch bei Ersatzneubauten oder bei Umbauten. Wie man in Winterthur verdichten will, wenn man den Fussabdruck der Gebäude derart eingrenzt, ohne gleichzeitig die mögliche Höhe von Gebäuden anzupassen, ist mir ein Rätsel.

Negative Vorwirkung verzögert Wohnungsbau

Mit dem Entscheid des Stadtrats, die Vorlage in die Vernehmlassung zu schicken, kommt bereits die sogenannte «negative Vorwirkung» zum Zug. Für sämtliche Bauprojekte, die sich bereits im Baubewilligungsverfahren befinden, muss nachträglich nachgewiesen werden, dass sie die bisher nicht bekannte neue Grünflächenziffer einhalten. Das ist ohne teure Um-Projektierung fast unmöglich. Die Folge: diverse Wohnbau- und andere Projekte geraten ins Stocken und müssen schlimmstenfalls neu geplant werden, sofern die Stadt keine Sondergenehmigungen erteilt.

Kantonale Vorgaben reichen
Der neue § 238a im Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich erfüllt das Ziel der klimaangepassten Siedlungsentwicklung. Vorgärten und andere geeignete Teile des Gebäudeumschwungs sind danach in angemessenem Umfang als ökologisch wertvolle Grünflächen zu erhalten oder herzurichten seien. Das wird von der FDP unterstützt. Die Einführung einer Grünflächenziffer im Umfang, wie ihn die Stadt Winterthur vorsieht, ist jedoch unausgewogen und einseitig auf Freiraumerhalt ausgerichtet. Sie widerspricht diametral dem grossen und unwidersprochenen Bedürfnis nach mehr bezahlbarem Wohnraum.

Ich rufe deshalb alle Fachexperten und Grundeigentümer dazu auf, sich die Vernehmlassungsvorlage genau anzuschauen und an der Vernehmlassung teilzunehmen, damit wir breit abgestützt über die Vorlage diskutieren können.  

Romana Heuberger, Stadtparlamentarierin/Co-Fraktionspräsidentin FDP
Präsidentin Stadtbaukommission, Mitglied Richtplankommission

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