19.11.2024
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Analyse des Abstimmungsverfahrens zur städtischen Volksinitiative "Wohnen für Alle" und zu den beiden Gegenvorschlägen

In der folgenden Analyse wird aufgezeigt, weshalb das für die Volksinitiative "Wohnen für alle" und die Gegenvorschläge am 24. November 2024 zur Anwendung kommende Abstimmungsverfahren nicht in allen Fällen dazu führt, dass der Volkswille erkannt werden kann.

In der Analyse wird die gleiche Nummerierung der Abstimmungsfragen (4A, 4B, 4C, 4D, 4E, 4F) wie im Abstimmungsbüchlein verwendet.

In Tabelle 1 (Bild am Schluss des Beitrages) sind die 8 möglichen Fälle, die sich aus der Beantwortung der Fragen 4A, 4B und 4C ergeben, zusammengestellt:

Tabelle 1: Mögliche Antwortkombinationen

Die Fälle 1 bis 7 führen mit den Fragen des Stimmzettels zu einem eindeutigen Resultat.

Hingegen kann der Fall 8, je nachdem wie die Entscheidungsfragen beantwortet werden, zu einem Resultat führen, das nicht eindeutig ist. Das Eintreffen von Fall 8 ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn die Parole 3 x Ja wird tatsächlich empfohlen.

Im Fall 8 müssen alle 3 Stichfragen ausgewertet werden. Dies kann bei der Auswertung dieser 3 Stichfragen zu folgenden Fällen gemäss Tabelle 2 führen.

Tabelle 2: Nicht definiertes Abstimmungsergebnis

Die Fälle 3 bis 6 liefern also kein definiertes Abstimmungsergebnis, was nachfolgend im Detail dargelegt wird:

Fall 3

  • In Stichfrage 1 (4D) wird die Initiative gegenüber dem Gegenvorschlag des Parlaments bevorzugt.
  • In Stichfrage 2 (4E) wird der Gegenvorschlag des Stadtrats gegenüber der Initiative bevorzugt.
  • In Stichfrage 3 (4F) wird der Gegenvorschlag des Parlaments gegenüber dem Gegenvorschlag des Stadtrats bevorzugt.

 Jede der drei Vorlagen wird in den Stichfragen einmal bevorzugt und es kann deshalb nicht gesagt werden, welche der 3 Vorlagen das Rennen gemacht hat. Oder mit anderen Worten: Die Stichfragen liefern keine neue Erkenntnis, es sei denn, dass in diesem Fall gezählt wird, welche Vorlage in den Stichfragen am meisten Stimmen erhalten hat, wie das im Landboten vom 9. November (Mehr günstige Wohnungen – aber wie?) steht. Nach dem Landboten gewinnt dann derjenige Vorschlag, der insgesamt am meisten Stimmen erhalten hat. Heisst das nun, dass die Stimmen, welche die einzelnen Vorlagen in den Stichfragen erhalten haben, stichfragen-übergreifend zusammengezählt werden und diejenige Vorlage gewinnt, die am meisten Stimmen erhalten hat, oder wird nur geschaut, welche der 3 Vorlagen, die je eine Stichfrage gewonnen haben, mit der grössten Stimmenzahl gewonnen hat? Das scheint mir alles willkürlich und fragwürdig, denn in den Abstimmungsunterlagen wird nicht erklärt, wie in diesem Fall das Ergebnis ausgewertet wird.

Fall 4

  • In Stichfrage 1 (4D) wird die Initiative gegenüber dem Gegenvorschlag des Parlaments bevorzugt.
  • In Stichfrage 2 (4E) wird der Gegenvorschlag des Stadtrats gegenüber der Initiative bevorzugt.
  • In Stichfrage 3 (4F) wird der Gegenvorschlag des Stadtrats gegenüber dem Gegenvorschlag des Parlaments bevorzugt.

 Die Initiative wird einmal und der Gegenvorschlag des Stadtrats zweimal bevorzugt. Es ist nicht klar, ob die Initiative oder der Gegenvorschlag des Stadtrats gewinnt. Die Vorlage des Stadtrats könnte zur Siegerin erklärt werden, weil sie 2 Stichfragen gewonnen hat, oder es könnten wiederum die Stichfragen-Antworten – wie unter Fall 3 diskutiert – gezählt werden. Aus dem schon genannten Grund wären beide Kriterien aber willkürlich und fragwürdig.

Fall 5

  • In Stichfrage 1 (4D) wird der Gegenvorschlag des Parlaments gegenüber der Initiative bevorzugt.
  • In Stichfrage 2 (4E) wird die Initiative gegenüber dem Gegenvorschlag des SR bevorzugt.
  • In Stichfrage 3 (4F) wird der Gegenvorschlag des Parlaments gegenüber dem Gegenvorschlag des Stadtrats bevorzugt.

 Die Initiative wird einmal und der Gegenvorschlag des Parlaments zweimal bevorzugt. Es ist nicht klar, ob die Initiative oder der Gegenvorschlag des Parlaments gewinnt. Die Vorlage des Parlaments könnte zur Siegerin erklärt werden, weil sie 2 Stichfragen gewonnen hat, oder es könnten wiederum die Stichfragen-Antworten – wie unter Fall 3 diskutiert – gezählt werden. Aus dem schon genannten Grund wären beide Kriterien aber willkürlich und fragwürdig.

Fall 6

  • In Stichfrage 1 (4D) wird der Gegenvorschlag des Parlaments gegenüber der Initiative bevorzugt.
  • In Stichfrage 2 (4E) wird die Initiative gegenüber dem Gegenvorschlag des Stadtrats bevorzugt.
  • In Stichfrage 3 (4F) wird der Gegenvorschlag des Stadtrats gegenüber dem Gegenvorschlag des Parlaments bevorzugt.

 Es gelten die gleichen Feststellungen wie im Fall 3.

Nachfolgend werden in Tabelle 3 die Stichfragen so formuliert, dass immer ein eindeutiges Ergebnis zustande kommt. Dazu müssen die ersten drei Stichfragen leicht umformuliert und eine vierte Stichfrage gestellt werden.

Tabelle 3: Formulierung für eindeutige Ergebnisse

 

Leserbrief von Richard Stadelmann vom 12. November 2024

Mögliche Antwortkombinationen

Nicht definiertes Abstimmungsergebnis

Formulierung für eindeutige Ergebnisse

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